Page 20 - Heiligenhauser Magazin 2-2024
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 in Eigentum über, nach einer Kostenab- rechnung für das Baumaterial, was dann abbezahlt werden musste.
Vielleicht – in abgewandelter Form – sogar eine Idee, um heute Wohneigentum zu ermöglichen?
Damals war die Begeisterung trotz harter Arbeit groß. Nur wenige stiegen aus.
Nachdem die Keller geschafft waren, ging es weiter. Betondecken, Schornsteine, Dachstühle, Sickerschächte folgten. Ein Polier, Johann Staschük, und ein Zimmer- mann reichten als fachliche Berater für
die ungeübten Bauanfänger, die mit Ernst Brücker einen der ihren als Obmann wähl- ten. Gearbeitet wurde nach dem Plan eines Architekten aus Mettmann.
Die Stadt lieferte Split, Rheinsand und Zement an. Das alles wurde von Hand gemischt und in die ausgehobenen Funda- mentgräben geschüttet. Sämtliche Steine für die Außenmauern wurden ebenfalls selbst hergestellt. In Holzformen wurde eine ausgeklügelte Betonmischung hinein- gepresst, das Ergebnis dann zum Trocknen auf Holzpaletten gestapelt. Bis zu 1000
- dank Hohlraum sogar wärmeisolierende - Dreiecksteine am Tag kamen so zustande,
Erst als alle Häuser so gut wie fertig waren, ging es im Frühjahr 1952 an die Verteilung. Wer die meisten Arbeitsstunden geleistet hatte, durfte zuerst auswählen. Dabei wurden die Stunden helfender Familienmit- glieder mitgezählt, die Stunden der unter 21-jährigen allerdings leider nur zur Hälfte.
Die Frauen und Freundinnen halfen vor allem bei den Holzarbeiten mit und legten zumeist die Gärten mit Gemüse und Obst an. Der Siedlerbund stiftete jeweils einen Hühnerstall und vier Obstbäume. Dann begann der Innenausbau, der ebenfalls eigenhändig geschah. In die Keller kamen
große, runde kohlebeizte Waschkessel. Zu- nächst gab es nur Toiletten, Badewannen wurden erst viel später selbst eingebaut.
In jede Haushälfte sollten in vier Räumen (plus zwei Küchen) bis zu 10 Personen ein- ziehen. Neben den Siedler und Siedlerinnen mussten Mieter aufgenommen werden.
Endlich lebte man in den eigenen vier Wänden, mit frischem Obst, Gemüse, Hühnern und Kaninchen in den Gärten.
So entwickelte sich nach und nach das Leben in der Siedlung zur neuen Heimat in Heiligenhaus.
Etwa zur gleichen Zeit entstanden in der benachbarten Gohrstraße auf hundert Meter gleich vier Geschäfte in den „12-Apo- stel“-Häusern: die Lebensmittel-Läden von Friedhelm Rubel und Ingeborg Udert, ein Kiosk mit Buchausleihe von Frau Schnell, der „Bierverlag“ von Herrn und Frau Beh- menburg.
Auf den benachbarten Wiesen des Bauern Hugenbusch, später von Frau Nölle gepachtet, kamen der Sportplatz an der Talburgstraße und bald noch eine neue Schule hinzu, die „Gemeinschaftsschule am Sportfeld“, wie sie damals hieß.
Dann begann der Alltag, mit Hochzeiten, Feiern, Geburten vieler Kinder, das neue Leben im Heiligenhaus der Fünfziger Jahre – mit vielen Fabriken, drei Kinos, Eisdielen und zahlreichen Gaststätten und Kneipen.
Manches wurde in privaten Fotoaufnahmen festgehalten, die nun hier zu sehen sind. Sie zeigen eine verschwundene Welt, in
der meine Generation aufwachsen konn- te. Auf dem Kartoffelacker eines Bauern schufen zumeist sehr junge Frauen und Männer eine Siedlung in der Gerhart-Haupt- mann-Straße, in der ich 1954 geboren wur- de und aufgewachsen bin. Angeregt durch Armin Merta, einem der heutigen Bewoh-
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