Page 19 - Heiligenhauser Magazin 2-2024
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 ging uns schlicht darum, endlich ein eigenes Dach über dem Kopf zu haben, um ins Leben starten zu können. Wir waren jung, wir wollten unabhängig sein, uns eine eigene, neue Welt schaffen. Da bekamen wir eine Riesenchance geboten, ohne Kapital ein Sied- lungshaus zu bauen. Aber als ich damals zum ersten Mal von der Hauptstraße abbog und die Gohrstraße hinunter ging, war ich zunächst schon ein bisschen ernüchtert. Zur linken war ein wogendes Kornfeld, hinter der Bahnlinie ein Kartoffelacker, ziemlich steil abfallend. Aha, dachte ich, eine Hanglage, nicht ganz ideal, aber das wird schon, das muss doch zu schaffen sein. Also erstmal ran - ans Ausschachten!“
Dafür standen seiner Baugruppe weder Bagger noch irgendwelche Maschinen zur Verfügung.
Schaufel, Spaten, Spitzhacke – allein damit ging es los. Alle gemeinsam, Baugrube für Baugrube. Keiner wusste, welches Haus er am Ende bewohnen wird.
Obwohl nicht einmal volljährig - damals war man es erst mit 21 - war auch Friedhelm Temme mit 17 Jahren als jüngster mit dabei. Alle verbrachten zwei Jahre lang jede freie Minute auf der Baustelle, und das bei einer 48-Stunden-Woche in den Fabriken, denn selbst der Samstag war noch ein normaler Arbeitstag.
Nach dem 2. Weltkrieg waren viele Städte zerstört,
12 Millionen Flüchtlinge und Heimatvetriebene lebten überall zunächst in Notunterkünften. Provisorische Flüchtlingsbaracken gab es auch in Heiligenhaus an mehreren Stellen der Stadt, etwa an der Feld- oder Tal- burgstraße. Dem drängenden Wunsch nach einem ei- genen Heim kam die Stadt Heiligenhaus in Kooperati- on mit der Gemeinnützigen Siedlungsgesellschaft des Hilfswerkes der Evangelischen Kirche in Düsseldorf als Bauträger entgegen. Den Anstoß gab der Siedlerbund Rheinland mit dem Programm : „Hilfe zur Selbsthilfe“ und „Wohneigentum nicht nur für Wohlhabende“. Interessierte junge Leute konnten sich 1950/51 als Anwärter auf eine „Siedlerstelle“ bewerben. Sie sollten zunächst einmal gemeinschaftlich bauen, ohne als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen zu werden.
Die Grundstücke dafür stellte die Stadt nach Anfrage des Siedlerbundes, vorläufig auf Pacht zur Verfügung. Erst fünf Jahre später gingen Häuser und Grundstücke
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