Page 33 - Heiligenhauser Magazin 1 2022

Schwalbenschwanz
Aber oft mögen diese Menschen auch Wildes und Chaos in der Natur. Allerdings nicht zu Hause im eigenen Garten, sondern lieber in der freien Natur. Dort finden sie Blumenwiesen, merkwürdig gewach- sene Bäume und wilde Landschaften schön. Zu Hau- se im eigenen Garten aber bitte nicht. Da muss alles ordentlich und akkurat sein. Woher kommt das? Möglicherweise ist Sauberkeit, Ordnung und der Drang nach Aufgeräumtheit nicht nur das Ergebnis von Erziehung, sondern auch ein Spiegel der inneren Verfassung. Aber muss das auch auf den Garten projiziert werden?
Die Natur hat ihre ganz eigene Ordnung und oft stimmt diese nicht mit dem Ordnungsempfinden der meisten Menschen überein. Hinzu kommt der Konformitätsdruck. Wenn die Nachbarn ordentliche Beete haben, wöchentliches Rasenmähen Kult ist und Laubbläser, Mähroboter und die Heckenschere zur Grundausrüstung eines jeden Neugartenbesit- zers gehören, dann ist es schwer mit einer nicht
im Rechteck geschnittenen Hecke oder einer Blumenwiese zu punkten. Von bewusst natürlich angelegten Gartenecken ganz zu schweigen. Der gesellschaftliche Druck nicht nur der Nachbarn ist enorm und man fragt sich wo die Biophilie, die Liebe zu Lebendigem, also die angeborene Neigung des Menschen zur Natur verborgen ist. Für die Biodiver- sität in den Gärten wäre es allerdings von großem Nutzen, sich einfach über diese Angepasstheit hinwegzusetzen. Mir gefallen Naturgärten zwischen denen der Ordnungsfanatiker besonders gut. Sie zei- gen doch in direkter Weise, wie schön Natur wirken kann. Diese Gärten sollten viel mehr beachtet und erwähnt werden. Deshalb ein Aufruf an alle: Macht es doch einfach. Gestaltet naturnahe Ecken oder ganze Gärten, zeigt sie und hofft, dass es als Vorbild wirkt. Unser eigener Garten zeigt nicht nur Vielfalt und Schönheit, sondern hat außerdem einen großen Nutzen für die Lebewesen in ihm und auch für uns. Und er ist ein drastisch sichtbarer Gegensatz zum Nachbargrundstück.
Resede
Witwenblume mit Schwebefliege
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