Page 94 - Heiligenhauser Magazin 3-2021
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Lit dritte Kerze zu Wort. „Ich heiße Liebe. Ich
möchte für die Menschen leuchten. Aber auch meine Kraft schwindet dahin. Die Menschen stellen mich auf die Seite. Sie sehen nur sich selbst, nicht die anderen. Für die Liebe haben sie immer weniger Zeit und Platz. So muss mein Licht ersticken. Und mit einem letzten Aufflackern erlosch auch das letzte Licht. Da kam ein Kind in den Raum. Es sah die Kerzen und erschrak. „Warum brennt ihr nicht mehr – ihr solltet doch leuchten!“ Da tanzte der Lichtschein der letzten Kerze und sie sprach: „ Hab kei- ne Angst und sei nicht traurig. Mein Licht brennt noch für die Menschen. Solange
ich brenne, können wir auch die anderen drei Kerzen wieder anzünden. Denn ich heiße Hoffnung.“ Da nahm das Kind Licht von dieser Kerze und zündete die anderen wieder an. Und das Licht der vier Kerzen strahlte heller denn je.
 Buchvorstellung
Schöner und inhaltsreicher lesen in kurzen Gedichten, Gedanken und Geschichten.
Vier Kerzen.
„ Kleine Geschenke erhalten die Freund- schaft“, sagt der Volksmund und diese Weisheit ist in der beginnenden Weih- nachtszeit wichtiger denn je. Wenn die
zu Beschenkenden jemals vom Lyriker Ringelnatz den folgenden köstlichen Vers zitiert haben „ Ob ich Biblio – was bin? Phile? Freund von Büchern meinen Sie? Na – und ob ich das bin! Ha! und wie!“ – kann die Gabe nur ein Buch sein. Passend zur Weihnachtszeit hat der Coppenrath Verlag, bekannt für seine erlesen schönen gra- phischen kleinen Editionen folgende zwei neue Titel in der Reihe „Schöner lesen“ für 6.50 pro Band publiziert.
Vier Kerzen brannten am Adventskranz , es war ganz still – so still, dass man die Ker- zen flüstern hörte. Die erste Kerze seufzte: „Ich heiße Frieden. Ich möchte für die Men- schen leuchten. Aber mein Licht hat keine Kraft mehr. Die Menschen halten keinen Frieden. Es scheint, als wollten sie mich nicht.“ Ihr Licht wurde immer kleiner und erlosch. Die Zweite Kerze flackerte auf und flüsterte: „Ich heiße Glauben. Ich möchte für die Menschen leuchten. Aber es ist
 als ob ich überflüssig geworden wäre. Die Menschen fragen nicht mehr nach mir. Es hat keinen Sinn mehr dass ich brenne“. Ein Luftzug wehte durch den Raum und auch die zweite Kerze erlosch.
Leise und trau
rig meldete sich nun die
          Ruth Ortlinghaus
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