Page 57 - Heiligenhauser Magazin 1-2023
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  Mitte der 80er Jahre erhielt Yoshida den Auftrag das Erkerfenster im Saal der evan- gelischen Gemeinde Oberilp zu gestalten, frei nach dem Prolog des Johannesevan- geliums „Am Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und Gott war das Wort“. Wie immer führten tiefgründige Denkan- stöße zu einem Kunstwerk der besonderen Art, das unendlich viele Deutungen zuläßt. Ein kleiner hellgelber Kreis, umgeben von leuchtenden Blautönen, kreisenden weißen Punktierungen münden dynamisch in ein großes gelbes Zentrum zum Schöpfer der Welt, dem Alpha und Omega allen Lebens, wo Wort und Gott eins werden. Auf dem Weg dorthin sind unendliche Deutungen in den kleinen abgestuften Farbkompositionen möglich und reizvoll. Das Zentrum des Glau- bens Jesus Christus wird durch einen roten Strich sichtbar. „Die Interpretationen des Kunstwerkes vor allem der Kinder gingen ins Vielfache und beglückten uns immer wieder“, erzählt Pastorin Düsterhoff bei der Einweihung des zum Wandobjekt geworde- nen Glasbildes im Oktober.
Als das Gemeindezentrum in der Oberilp aufgelöst wird und das geliebte Fenster aus- gebaut werden mußte, hat sich die Pfarrerin unermüdlich für die notwendige Erweiterung innerhalb des Kunstwerkes eingesetzt. Yos- hida, der in der Oberilp wohnt, erinnert sich immer noch schmerzlich an den Ausbau „seines Fensters“. „In mir war alles dunkel und eine große Traurigkeit, ich habe nur noch mit schwarzen Farben gemalt, denn jahrelang hat mich das Licht durchfluten-
de Objekt zu neuem Gestalten inspiriert“, erzählt er immer noch ein wenig wehmütig – aber sein Gesicht strahlt heute wieder, wenn er erläuternd vor dem Wandbild steht. Das leuchtende Kleinod aber konnte in der Form nicht orignalgetreu im Saal aufgebaut werden weil es in der Oberilp in einem Erker-
fenster eingebunden war. Es wurde daher
in einen Rahmen angepaßt und auf einem Sockel vor der großen Stirnwand des Saales aufgebaut. Der Künstler musste nun den letzten Teil neu entwerfen. „Die rote Linie die sich als Zeichen der Menschwerdung durch das Blut Christi symbolisch teilte,
war unterbrochen“ erklärt Düsterhöft und Yoshida ergänzt „ich musste etwas Neues entwickeln und in meinem Kopf war das Bild von Golgatha und der Auferstehung. So ließ er den roten Strich der das Blut Jesu verkörpert mit einem angedeuteten Kreuz aufbauend zum Lebensbaum werden aus dem letztlich Menschwerdung „Schöpfungs-
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